Grußwort des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Würzburg und Unterfranken, Dr. Josef Schuster, für das Programmheft der Kinderoper „Brundibár“

Die Kinderoper „Brundibár“ wurde 1938 vom jüdisch-tschechoslowakischen Komponisten Hans Krása geschrieben. Er brachte die Oper 1942 ins KZ Theresienstadt. Über 50 Mal wurde „Brundibár“ von den dort internierten Kindern aufgeführt. In Theresienstadt wurde sie auch zum Symbol für Freundschaft, Gemeinschaft und Zusammenhalt. Denn trotz der Schrecken der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik und der unmenschlichen, entwürdigenden Zustände im KZ gab die Oper den Kindern ein Stück Normalität und Freude zurück. Sobald sie auf der Bühne standen, gingen die Kinder ganz in ihrer Rolle auf und konnten zumindest für eine kurze Zeit das Grauen, das sie umgab, vergessen.

Unter den Darstellern der Oper waren auch zahlreiche Mädchen, die im „Zimmer 28“ des Mädchenheims in Theresienstadt untergebracht waren. Auf 30 Quadratmetern lebten dort etwa 30 Mädchen. Dieses Zimmer war eine „schützende Insel“ in dunklen Zeiten. Die Mädchen wurden dort zu Menschlichkeit erzogen und konnten Momente der Freundschaft und der Hoffnung erleben. Auch, wenn ihre Gemeinschaft durch den Abtransport von Kindern nach Auschwitz immer wieder aufs Neue zerrissen wurde.

Viele Kinder, denen „Brundibár“ Stunden der Zuversicht schenkte, wurden von den Nazis in die Vernichtungslager deportiert und ermordet. Von den insgesamt etwa 60 Bewohnerinnen des „Zimmer 28“ überlebten nur 15. Auch der Komponist Hans Krása überlebte Auschwitz nicht.

Die angehenden Abiturienten des Riemenschneider-Gymnasiums bringen die Oper „Brundibár“ nun 75 Jahre nach deren Uraufführung auf die Bühne des Jüdischen Gemeindezentrums Shalom Europa. Dafür haben Schüler und Lehrkräfte eng zusammengearbeitet: im Rahmen des P-Seminars, des Chors, der Theaterklassen und der Instrumentalensembles. Und doch besteht dieses Projekt nicht nur aus der Opernaufführung: Schüler und Lehrkräfte haben auch eine Ausstellung organisiert, die sich mit den historischen Hintergründen der Oper und den Lebensbedingungen im KZ beschäftigt.

Ich halte es für sehr wichtig, sich auch heute noch mit der Kinderoper und ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Deshalb freut es mich, dass die Schülerinnen und Schüler des Riemenschneider-Gymnasiums sich intensiv mit der Oper beschäftigt und diese Inszenierung auf die Beine gestellt haben.

70 Jahre nach Kriegsende erinnert die Aufführung der Kinderoper „Brundibár“ durch das Riemenschneider-Gymnasium an die Kinder von Theresienstadt und zeigt, dass es in den dunkelsten Stunden deutscher Geschichte auch helle Augenblicke gab.

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Würzburg und Unterfranken